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Inklusion: Nichts über uns ohne uns

  • ljrberlin
  • 4. Jan.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Juli

Zwei Frauen sitzen gemütlich auf einem Sofa und unterhalten sich. Eine Frau hat Down-Syndrom.

Mit dem Projekt „Zusammen SEIN“ möchte der Landesjugendring Berlin Inklusion in Jugendverbänden stärken. Mehr junge Menschen mit Behinderung sollen bei Angeboten mitmachen können, sich aber auch aktiv im Verband engagieren können.

 

„Was machen wir denn jetzt?“ Anne-Sophie Grunwald freut sich über diese Frage. Am Telefon ist eine Referentin von einem Jugendverband. Für die Jugendleiter*innen-Schulung hat sich eine Person mit Rollstuhl angemeldet, zusammen mit einer Assistenz. Doch wer übernimmt jetzt die Übernachtungskosten für die Assistenz und worauf sollten sie bei dem Angebot nun achten? „Solche Anfragen zeigen, dass wir eine Anlaufstelle für Fragen rund um Inklusion werden“, sagt Anne, die seit Januar 2024 als Referentin das Projekt „Zusammen SEIN“ beim Landesjugendring Berlin betreut. Dort berät sie Jugendverbände nicht nur, sondern vermittelt auch passende Kontakte, stellt hilfreiche Materialien zusammen, bezieht Expert*innen in eigener Sache ein und bietet Workshops an. Außerdem arbeiten drei Berliner Jugendverbände intensiv bei „Zusammen SEIN“ mit: Die Jungen Humanist*innen Berlin, die Sportjugend Berlin und die katholischen Pfadfinder*innen der DPSG. Sie alle konnten über das Projekt eine Personalstelle schaffen, die die inklusive Öffnung der eigenen Strukturen begleitet.

 

In den drei Jugendverbänden sollen zuerst eigene Barrieren identifiziert werden, um dann Strategien zum Abbau der Hürden zu entwickeln. Die gesammelten Erfahrungen werden dann an weitere Jugendverbände weitergegeben. Im ersten Projektjahr ist hier schon einiges passiert: Für die Pfadfinder*innen-Stämme der DPSG hat Paddy Tipping zum Beispiel einen digitalen Info-Koffer entwickelt, wie Barrieren bei Angeboten von Pfadfinder*innen abgebaut werden können. Gunnar Bielefeld von der Sportjugend Berlin sensibilisiert und berät verstärkt Sportvereine in Berlin rund um das Thema Inklusion. Im Juni gab es dafür ein Engagement-Festival, bei dem alle willkommen waren. Schon vor „Zusammen SEIN“ gab es bei den Jungen Humanist*innen inklusive Angebote. Durch das Projekt kann der neue Referent Robert Thärig die Inklusionsreisen und die inklusive Jugendleiter*innen-Ausbildung weiter ausbauen; ein inklusives Beteiligungsfestival für 2026 ist in Planung. „Wir stehen laufend in Kontakt“, sagt Anne. Sie arbeitet außerdem eng mit der Lebenshilfe Berlin zusammen, dem Kooperationspartner des Projekts. „Dort gibt es einen riesigen Erfahrungsschatz – und viele hilfreiche Kontakte.“

„Wenn die Einstellung stimmt, ist vieles möglich.“ Anne-Sophie Grunwald, Projektreferentin „Zusammen SEIN“ 

Sieben Workshops konnte der Landesjugendring Berlin durch „Zusammen SEIN“ schon anbieten. Dabei ging es darum, Kontakte zu jungen Menschen mit Behinderung zu knüpfen, Barrieren im eigenen Verein abzubauen oder technische Hilfsmittel selbst auszuprobieren. „Mit Smartphones und PCs ist heute so viel möglich, oft auch kostenlos“, sagt Anne. Aber: „Das Wissen darüber muss sich noch viel mehr verbreiten.“ Auch dafür hat die Referentin im Sommer eine Projektwebsite erstellt: Auf zusammen-sein.berlin gibt es Informationen zu Weiterbildungen oder Materialien, die bei der Planung von barrierefreien Angeboten helfen. In einem FAQ finden junge Menschen mit Behinderung Informationen, welche Jugendverbände es gibt, wie man Jugendleiter*in werden kann oder welche inklusiven Angebote es in den Jugendverbänden schon gibt. „Jugendverbände machen schon viel zu Inklusion“, sagt Anne. Das Engagement müsse aber noch sichtbarer werden. Dabei soll die Website helfen.


Im Kreis stehen viele Menschen bei einer Methode beim Juleica-Netzwerktreffen
Inklusion (er-)leben: Das war das Motto des Jugendleiter*innen-Netzwerktreffens 2024

Offline stand das Thema Inklusion beim Netzwerktreffen der Berliner Jugendleiter*innen im Herbst 2024 im Mittelpunkt: „Wir wollten Inklusion hier wirklich erlebbar machen“, erzählt Anne. Dort hatte sie vier Workshops organisiert: Beim Barriere-Check konnten Gruppen den Veranstaltungsort auf Hürden untersuchen, einen Schnupperkurs in Gebärdensprache machen, Texte in Leichte Sprache übersetzen oder lernen, Spiele zum Mitmachen für alle zu gestalten. „Mir war besonders wichtig, dass wir Expert*innen in eigener Sache dabeihaben, die durch die Veranstaltung führen und Workshops anleiten“, erklärt Anne. „Einige von ihnen sind schließlich ausgebildete Jugendleiter*innen.“ Die Rückmeldungen zur Veranstaltung gaben dem Format recht: „Das war Eintauchen und Begreifen auf einer anderen Ebene“, so eine Teilnehmerin. „Ich habe schon so viel neues Wissen weiterverbreitet – ein wirklich beeindruckendes und nachhaltiges Netzwerktreffen.“

 

„Eigene, positive Erfahrungen sind ein Antrieb, weiter zu machen“, sagt Anne. „Wenn die Einstellung stimmt, ist vieles möglich.“ Daran will die Referentin von „Zusammen SEIN“ in den nächsten beiden Projektjahren anknüpfen. Natürlich wird es weiterhin Workshops und direkte Beratung im Projekt geben. Außerdem möchte Anne das Handbuch optimieren, mit dem Jugendleiter*innen in Berlin geschult werden. Dafür soll das Modul „Inklusion“ ein Update bekommen – und das gesamte Handbuch Inklusion als Querschnittsthema mitdenken. „Gerade die Vernetzung und den Wissenstransfer von Jugendverband zu Jugendverband möchte ich weiter voranbringen“, sagt Anne. Ihre Vision: Junge Menschen mit Behinderung sollen sich als Ehrenamtliche in den Jugendverbänden engagieren können, in Gremien mitarbeiten und mitentscheiden können. „Ich begleite gerne alle Jugendverbände dabei, wie und wo die Ansprache dafür gelingt und wie man einen Jugendverband attraktiv für junge Menschen mit Behinderung gestaltet – damit sie dauerhaft dort aktiv sein können“, sagt Anne.


"Zusammen SEIN" wird gefördert von Aktion Mensch und der Stiftung Demokratische Jugend.

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